Es gibt viele verschiedene Arten
von Rheuma und somit auch
eine Reihe an unterschiedlichen
Therapieansätzen.
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bilden Medikamente im Zusammenspiel mit physio- und ergotherapeutischen Maßnahmen die Grundlage, angepasst an die Indikation sowie die individuellen Lebensumstände und den Gesundheitszustand des Patienten. Das Ziel ist meist: Die Beweglichkeit soll erhalten und das Entzündungsgeschehen im Körper verringert werden, um eine Verschlechterung der Erkrankung zu verhindern. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind zwar nicht heilbar, lassen sich in vielen Fällen aber gut behandeln, besonders wenn die Diagnose frühzeitig erfolgt.
Nicht medikamentöse Behandlung von Rheuma
Physiotherapeutische Therapien sind bei Rheuma wichtig, um die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten, Schmerzen zu lindern und so das Wohlbefinden der Patienten zu steigern.1,2,3 Die Behandlung hängt von der individuellen Diagnose und der Therapieempfehlung des Arztes ab. Folgende Maßnahmen kommen bei der nicht medikamentösen Behandlung von Rheuma zum Einsatz:
- Krankengymnastik, manuelle Therapie und Wassergymnastik: Kräftigungs- und Lockerungsübungen für Koordination, Kondition, Muskelstärkung und Stabilisierung verbessern die Fitness und Beweglichkeit. Sie entspannen, beugen Fehlstellungen vor und korrigieren diese. Die Übungen sollten die Patienten regelmäßig selbst zu Hause durchführen.
- Die Deutsche Rheuma-Liga hat zusammen mit Physiotherapeuten das Funktionstraining entwickelt – ein spezielles Bewegungsprogramm für Menschen mit Rheuma.3 Es kann im warmen Wasser als Wassergymnastik erfolgen oder in einer Sporthalle oder einem Trainingsraum. Speziell geschulte Physiotherapeuten leiten die Gruppenübungen an, die in der Regel einmal wöchentlich stattfinden. Eine Verordnung des behandelnden Arztes ist notwendig.
- Massagen, Wärme- und Kältetherapien regen die Durchblutung an und stimulieren Muskel- und Nervenfasern, mit entspannender und schmerzstillender Wirkung.4
Ergotherapie soll krankheitsbedingten Beeinträchtigungen im Alltag entgegenwirken. Bei Rheumatikern steht der Gelenkschutz im Mittelpunkt. Ergotherapeuten üben mit den Patienten, wie sie Gelenke belastungs- und kraftsparend einsetzen, und machen sie mit Hilfsmitteln wie Schienen, Orthesen und Bandagen vertraut. Zur Ergotherapie können auch Hausbesuche gehören, um das alltägliche Umfeld in Augenschein zu nehmen und Verbesserungsvorschläge zu machen.5
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Rheuma - die Behandlung mit Medikamenten
Die medikamentöse Therapie ist eine zentrale Säule bei der Behandlung von Rheuma. Ziel ist, eine dauerhafte Remission zu erreichen, also der Zustand, in dem die Krankheit zwar nicht geheilt ist, doch weder Arzt noch Patient eine Krankheitsaktivität feststellen. Die Therapie mit Medikamenten kann den Langzeitverlauf einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung entscheidend beeinflussen.1,6
Es gibt mehrere Medikamentengruppen, die bei der Rheumabehandlung zum Einsatz kommen:
- Gängige Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure und entzündungshemmende, schmerzlindernde Medikamente (NSAR, nicht steroidale Antirheumatika)1,7 dienen der kurzfristigen Behandlung von Symptomen, lindern Schmerzen und hemmen Entzündungen. Häufig verwendete Wirkstoffe bei NSAR sind Diclofenac und Ibuprofen.
- Kortisonpräparate (Glukokortikoide)1,8 können Entzündungsreaktionen hemmen. Bei akuten Schüben oder stärkerer Krankheitsaktivität werden auch kortisonhaltige Spritzen verabreicht. Eine Dauertherapie mit Glukokortikoiden ist aber nicht empfohlen, da es zu Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Diabetes und Osteoporose kommen kann.
- Basismedikamente stellen den wichtigsten Baustein der Behandlung dar. Sie werden auch als Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs)1, 9,11 bezeichnet, da sie nicht nur Symptome lindern, sondern auch modifizierend in den Krankheitsverlauf eingreifen. Bei Morbus Bechterew werden DMARDs nur zur Behandlung von Begleiterkrankungen verwendet, da sie keine Wirkung auf das Entzündungsgeschehen der Wirbelsäule haben.
- Biologika sind eine besondere Form der DMARDs. Sie bilden die Untergruppe der bDMARDs und wirken deutlich zielgerichteter auf das Immunsystem ein.1,10,11
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Wenn Sie’s genau wissen wollen
So wirken DMARDs und Biologika
Die Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARDs) wirken auf das Immunsystem und hemmen Entzündungsmechanismen. Allerdings unterdrücken sie das gesamte Immunsystem, sodass ein erhöhtes Risiko für Infektionen besteht. Weitere Nebenwirkungen bei der Basistherapie können verschlechterte Blut-, Leber- und Nierenwerte sein. Deshalb sind die Werte regelmäßig zu überprüfen. Basismedikamente werden in der Regel subkutan mit einer Spritze oder per Injektions-Pen verabreicht. Auch die orale Einnahme als Tablette ist möglich, doch dabei ist die Aufnahme der Wirkstoffe nicht im vergleichbaren Maße gesichert. Ein sehr häufig genutzter Wirkstoff ist Methotrexat (MTX).1,9,11
Biotechnologisch hergestellte DMARDs (bDMARDs) werden auch Biologika genannt.1,10,11 Diese Medikamente sind biotechnologisch aus Zellkulturen hergestellte Eiweiße, die Zielstrukturen passgenau erkennen können. Dadurch greifen sie sehr gezielt in das Immunsystem ein und neutralisieren Entzündungsbotenstoffe – die überaktive Immunantwort wird reduziert. Es kann Nebenwirkungen geben, beispielsweise ist das Risiko für Infektionen erhöht. Die Einnahme erfolgt mittels Infusion oder Injektion, da die Eiweiße bei der Einnahme als Tablette durch die Magensäure vor Einsetzen der Wirkung zerstört werden könnten. Zeigt bei Rheuma die Therapie mit herkömmlichen DMARDs nicht die gewünschte Wirkung, werden häufig zusätzlich Biologika verordnet, abhängig vom Zulassungsstatus des jeweiligen Basismedikaments.
Zielgerichtete synthetisch hergestellte DMARDs (tsDMARDs) bilden eine neue Gruppe von Basismedikamenten. Sie heißen Januskinase-Hemmer (JAK-Hemmer) und werden als Tablette verabreicht. JAK-Hemmer wirken gezielt gegen die Enzyme aus der Gruppe der Januskinasen, die bei rheumatischen Erkrankungen das Entzündungsgeschehen anfeuern.12
Begleitend zur Behandlung von Rheuma: Anpassungen der Lebensweise
Patienten sollten parallel zu ihrer Rheumabehandlung ihre Lebensweise anpassen. Möglichst viel gelenkschonende Bewegung, die Vermeidung von Stress und eine gesunde Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst sowie entzündungshemmenden Lebensmitteln wie fettem Fisch unterstützen die therapeutischen Maßnahmen.
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Wenn Sie’s genau wissen wollen
Medizinische Leitlinien zu rheumatischen Erkrankungen
Medizinische Leitlinien sind von Fachgesellschaften erstellte wissenschaftlich fundierte, praxisorientierte Handlungsempfehlungen, die den Stand der Wissenschaft wiedergeben. Sie sind überwiegend für Mediziner und Fachpersonal gedacht, es gibt aber auch Patientenleitlinien. Sie sollen helfen, Nutzen und Schaden von Untersuchungen und Behandlungen abzuwägen und auf dieser Basis konkrete Empfehlungen für eine individuelle Therapie zu geben.
Leitlinien gibt es zu den folgenden entzündlich-rheumatischen Erkrankungen:
- Rheumatoide Arthritis (Medizinische Leitlinie & Patientenleitlinie)
- Axiale Spondyloarthritis (Medizinische Leitlinie & Patientenleitlinie)
- Psoriasis-Arthritis (Medizinische Leitlinie, geplant für März 2024)
- Juvenile idiopathische Arthritis (Medizinische Leitlinie)
- Vaskulitiden (Medizinische Leitlinie)
- Polymyalgia rheumatica (Medizinische Leitlinie)
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Quellen:
1 Rheumatologie Diagnostik – Klinik – Therapie Hans-Jürgen Hettenkofer, Matthias Schneider, Jürgen Braun (Herausgeber) 2014 6., vollständig überarbeitete Auflage Thieme (Verlag)
2 https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060-003l_S3_Axiale-Spondyloarthritis-Morbus-Bechterew-Fruehformen-2019-10.pdf Patientenleitlinie zur S3-Leitlinie Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen, https://dgrh.de/dam/jcr:63887fd2-8fd4-4fb3-8780-6fa258f1d293/Patientenleitlinie_060-003p_S3_Axiale-Spondyloarthritis-Morbus-Bechterew-Fruehformen-2019-08.pdf, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
3 Funktionstraining Mobil gegen Rheuma-Schmerz. Broschüre des Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. https://www.rheuma-liga.de/fileadmin/public/main_domain/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Informationen/C12_Flyer_Funktionstraining.pdf, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
4 Gottwalt J, Gottfried T: Physikalische Therapie bei rheumatischen Krankheitsbildern. OUP 2019; 8: 262–272, https://www.online-oup.de/media/article/2019/05/D937A198-276F-45D3-AFB4-554253A36FD6/D937A198276F45D3AFB4554253A36FD6_gottwalt_1_original.pdf, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
5 Welt C, Bitzer S: Gelenkschutz im Alltag – gewusst wie! Tipps für zu Hause und am Arbeitsplatz. Broschüre des Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V., https://www.rheuma-liga.de/fileadmin/public/main_domain/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Broschueren/A23_Gelenkschutz.pdf, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
6 https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
7 https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/schmerzmedikamente, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
8 https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/kortisonpraeparate, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
9 https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/basismedikamente/klassische-basistherapeutika, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
10 https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/basismedikamente/biologika, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
11 https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/immunsuppressiva, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
12 https://www.rheuma-liga.de/fileadmin/public/main_domain/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Merkblaetter/4.5_Basismedikamente.pdf, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.