Die verschiedenen Bereiche des Immunsystems
sind eigentlich ein perfekt eingespieltes Team:
Eine Vielzahl an unterschiedlichen Abwehrzellen
und Botenstoffen schützt den Körper vor Erregern,
wie zum Beispiel Viren, Bakterien und Parasiten.
Dazu unterscheidet das Immunsystem ständig
zwischen unerwünschten Eindringlingen und
körpereigenen Zellen.
Das ist bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen anders: Das Abwehrsystem stuft körpereigenes Gewebe als fremd ein und greift es fälschlicherweise an. Doch wie kommt es dazu, und wie lässt sich das Immunsystem bei Rheuma stärken?
Wie arbeitet das Immunsystem?
Zum Immunsystem gehören die unspezifische und spezifische Abwehr. Versuchen unerwünschte Eindringlinge in den Körper zu gelangen, kommt als erstes die unspezifische Abwehr zum Einsatz. Zu ihr zählen beispielsweise natürliche Barrieren wie Haut, Schleimhäute und auch die Magensäure. Sie schützen den Körper unspezifisch, also unabhängig von der Art des Krankheitserregers.
Diese zwei Beispiele sollen die Funktion der unspezifischen Abwehr verdeutlichen: Auf der Schleimhaut der Bronchien befinden sich viele feine Flimmerhärchen. Sie befördern Staub oder Keime, die in die Atemwege gelangen, mit einer koordinierten Bewegung zurück in Richtung Mund. Krankheitserreger, die es bis in den Magen schaffen, haben es ebenfalls schwer: Die Magensäure hat ungefähr den pH-Wert von Zitronensaft. In einem derart sauren Milieu können nur wenige Keime überleben.
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Weitere Elemente der unspezifischen Abwehr sind beispielsweise Makrophagen und Granulozyten – sogenannte Fresszellen im Blut. Sie durchqueren mit dem Blutstrom den ganzen Körper und sind ständig auf der Suche nach unerwünschten Eindringlingen. Diese umschließen und verdauen sie, sodass sie unschädlich werden. Infizierte Zellen lassen sich ebenfalls entfernen, erkannt werden sie an bestimmten Eiweißen auf der Zelloberfläche, die die Zelle als „gefährlich“ markieren.
Manchmal reicht der Schutz durch die Barrieren und Abwehrzellen des unspezifischen Immunsystems nicht aus. Dann kommt die spezifische Abwehr ins Spiel: Zwei Arten von weißen Blutkörperchen, die T- und B-Zellen, unterstützen das Immunsystem dabei, Krankheitserreger zu erkennen und daraufhin sogenannte Antikörper zu bilden.Diese speziellen Abwehrkörperchen passen spezifisch nur zu einem bestimmten Erreger. Sie neutralisieren ihn (etwa bei Viren) oder markieren ihn, indem sie sich an seine Oberfläche heften. Dies macht es den Fresszellen leichter, den Krankheitserreger zu erkennen und anschließend zu beseitigen1,2.
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Anders als die unspezifische Abwehr ist die spezifische Abwehr nicht angeboren. Sie muss im Laufe des Lebens erlernt werden, wird daher auch erworbenes Immunsystem genannt. Nachdem bei einem Infekt das spezifische Immunsystem aktiv war, wandelt sich ein Teil der T- und B-Zellen in sogenannte Gedächtniszellen um. In ihnen sind Informationen zu bestimmten Merkmalen des Krankheitserregers abgespeichert. Dieses immunologische Gedächtnis erleichtert es dem Immunsystem, bei einer erneuten Infektion schneller Abwehrstoffe wie zum Beispiel Antikörper zu bilden6.
Das Immunsystem bei Rheuma
Wenn das Immunsystem körpereigene Zellen angreift, sprechen Mediziner von einer Autoimmunerkrankung. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass manche entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis oder die juvenile idiopathische Arthritis jedoch keine reinen Autoimmunerkrankungen sind. Bei ihnen besteht zusätzlich eine autoinflammatorische Aktivität. Das bedeutet, dass es scheinbar von selbst (auto) beziehungsweise ohne äußere Ursachen zu einer Entzündung (Inflammation) im Körper kommt3,4.
Autoimmunerkrankung oder Autoinflammation?
Es besteht ein fließender Übergang zwischen einer Autoimmunerkrankung und einer Autoinflammation. Beides sind Formen der Entzündung, bei denen das Immunsystem dauerhaft aktiviert ist. Allerdings gibt es Unterschiede:
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Autoimmunerkrankung
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Die spezifische Abwehr bildet Antikörper gegen bestimmte körpereigene Zellen und greift so ein bestimmtes Gewebe an, wie beispielsweise das Kniegelenk oder die Gelenke der Finger.
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Es kommt zu einer anhaltenden, chronischen Entzündung im Gelenk.
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Das betroffene Gelenk ist geschwollen, gerötet und schmerzt.
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Autoinflammation
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Die unspezifische Abwehr löst eine Abwehrreaktion aus, die sich nicht nur gegen ein bestimmtes Gelenk, sondern den gesamten Körper richtet.
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Es kommt zu einer chronischen Gelenkentzündung und zu systemischen Beschwerden wie Fieber, Hautausschlag und Kopfschmerzen5.
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Das Immunsystem ist bei Rheuma ständig aktiv: Wie nach einem Infekt wandeln sich im Rahmen der Autoimmunreaktion einige T- und B-Zellen zu Gedächtniszellen um. Sie speichern die Merkmale bestimmter körpereigener Zellen ab. Diese befindet sich – anders als nach einem Infekt – aber nach wie vor im Körper und aktivieren das fehlgeleitete immunologische Gedächtnis immer wieder von neuem. Dadurch wird das Entzündungsgeschehen chronisch. Auch das unspezifische Immunsystem ist bei manchen Formen von Rheuma chronisch in Alarmbereitschaft: Aufgrund einer Fehlaktivierung kommt es anhaltend oder in Schüben zu einer Entzündungsreaktion5,7.
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Das Immunsystem stärken bei Rheuma
Wer an einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie beispielsweise Morbus Bechterew oder Psoriasis-Arthritis leidet, fragt sich früher oder später: Ist durch Rheuma mein Immunsystem geschwächt oder spielt es „nur“ verrückt? Muss ich mich besonders vor Infekten schützen? Wie hoch das eigene Risiko ist, hängt von der rheumatischen Erkrankung, der medikamentösen Therapie und Risikofaktoren wie beispielsweise dem Alter und chronischen Begleiterkrankungen ab8. Wer mehr darüber erfahren möchte, sollte sich an den behandelnden Rheumatologen wenden.
Unabhängig vom Infektionsrisiko sollten Betroffene genauso wie Gesunde auf eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung achten. Weiterhin ist ausreichend Schlaf und Erholung wichtig für ein starkes Immunsystem10. Auch durch rechtzeitige und gezielte Impfungen können Menschen mit Rheuma ihren Schutz vor Infekten verbessern. Dazu gehören neben der jährlichen Grippe-Impfung auch das Auffrischen vorhandener Impfungen.
Tipp:
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert online unter www.impfen-info.de, welche Routine-Impfungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ratsam sind.
Impfungen sind wie eine „Schulung“ für das Immunsystem: Die Impfstoffe enthalten in der Regel tote oder inaktivierte Bestandteile eines Krankheitserregers. Je nachdem, ob sie sich noch vermehren können, unterscheidet man zwischen Lebend- und Totimpfstoffen. Seit kurzem gibt es auch sogenannte Vektorimpfstoffe: Als „Vektor“ dient ein für den Menschen harmloses Virus. Dieses Virus wird so verändert, dass es ein bestimmtes Merkmal des für den Menschen gefährlichen Krankheitserregers nachbauen kann, wie beispielsweise ein Protein. Gegen dieses Protein wird dann das menschliche Immunsystem trainiert und das immunologische Gedächtnis geschult11. Die Erregerbestandteile im Impfstoff schulen dann das immunologische Gedächtnis. Kommt das Immunsystem nach der Impfung mit dem Krankheitserreger in Kontakt, kann der Ausbruch der Erkrankung verhindert beziehungsweise der Verlauf abgemildert werden. Dieser Schutz hält je nach Impfung einige Monate, Jahre oder ein Leben lang.
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Quellen
1 https://www.gesundheitsinformation.de/das-angeborene-und-das-erworbene-immunsystem.2255.de.html, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
2https://flexikon.doccheck.com/de/Immunsystem, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
3 Savic S, Mistry A, Wilson AG, et al Autoimmune-autoinflammatory rheumatoid arthritis overlaps: a rare but potentially important subgroup of diseases RMD Open 2017;3:e000550. doi: 10.1136/rmdopen-2017-000550
4 Nigrovic PA. Autoinflammation and autoimmunity in systemic juvenile idiopathic arthritis. Proc Natl Acad Sci U S A. 2015;112(52):15785-15786. doi:10.1073/pnas.1521837113
5https://www.trillium.de/zeitschriften/trillium-immunologie/archiv/ausgaben-2018/heft-32018/immunologie-leicht-gemacht/autoinflammation-und-autoimmunitaet-ein-fliessender-uebergang.html, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
6 https://flexikon.doccheck.com/de/Gedächtniszelle, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
7 https://www.drfz.de/themen/immunologisches-gedaechtnis-2/, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
8https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-412013/hoeheres-risiko-fuer-rheumapatienten/, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.
9 Fonseca, Lucas & Souza, Valeria & Goulart, Marília & Rabelo, Luiza. (2019). Oxidative Stress in Rheumatoid Arthritis: What the Future Might Hold regarding Novel Biomarkers and Add-On Therapies. Oxidative Medicine and Cellular Longevity. 2019. 1-16. 10.1155/2019/7536805.
10 Dimitrov S, Lange T, Gouttefangeas C, Jensen ATR, Szczepanski M, Lehnnolz J, Soekadar S, Rammensee HG, Born J, Besedovsky L. Gαs-coupled receptor signaling and sleep regulate integrin activation of human antigen-specific T cells. J Exp Med. 2019 Mar 4;216(3):517-526.
11https://www.bmbf.de/de/das-sollten-sie-ueber-impfstoffe-wissen-12724.html, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.